Entscheidungen zu Jahresbeginn und der Brexit
Liebe Leserinnen,
Liebe Leser,
wir möchten Ihnen kurz die wichtigsten Informationen zu den obengenannten Themen näher erläutern:
Entscheidungen zu Jahresbeginn
Ein Unternehmer hat zu Jahresbeginn, vor allem in diesen schwierigen Zeiten, welche von der Corona Pandemie geprägt sind, wesentliche Entscheidungen zu treffen:
Rückkehr in die Kleinunternehmerregelung erfordert fristgerechten Widerruf. Antrag bis zum 31.01.2021
Wer als Unternehmer die Umsatzgrenze von 35.000 Euro (netto) nicht überschreitet, fällt unter die sogenannte Kleinunternehmerregelung. Sollten Sie in der Vergangenheit jedoch umsatzsteuerpflichtig gewesen sein und wollen 2021 zu Kleinunternehmerregelung zurückkehren müssen Sie bis 31.01.2021 einen Antrag beim Finanzamt stellen. Beachten Sie bitte dabei, dass es zu einer Vorsteuerberichtigung bei Anlage- und Umlaufgütern kommen kann.
Als ein solcher Kleinunternehmer ist man dann unecht umsatzsteuerbefreit, das bedeutet:
- man muss von den Einnahmen keine Umsatzsteuer bezahlen (keine Umsatzsteuer in Ausgangsrechnungen)
- man darf aber von den Ausgaben auch keine Vorsteuer abziehen (kein Vorsteuerabzug von Eingangsrechnungen)
Die Kleinunternehmerregelung ist in Österreich in § 6 Abs 1 Z 27 UStG – Umsatzsteuergesetz – geregelt. Auf diese sogenannte Kleinunternehmerregelung kann jedoch mittels Optionserklärung gegenüber dem Finanzamt verzichtet werden. Eine solche Option wird insbesondere dann sinnvoll sein, wenn höhere Investitionen mit einem entsprechenden Vorsteuerabzug geplant sind und/oder im wesentlichen Firmenkunden zu Ihrem Klientel gehören. Allerdings kann diese Optionserklärung erst frühestens nach fünf Jahren widerrufen werden. Dieser Widerruf hat spätestens zum Ablauf des ersten Kalendermonats jedes Kalenderjahres zu erfolgen, ab dem der Widerruf gelten soll. Andernfalls bleiben die Umsätze weiterhin umsatzsteuerpflichtig.
Die Kleinunternehmerregelung lohnt sich, wenn Sie:
- hauptsächlich Privatpersonen zu Ihren Kunden zählen
- Geringe Investitionen bei der Gründung haben
- Ihr Umsatz voraussichtlich 35.000 Euro nicht übersteigen wird
Was sind die Nachteile?
Der größte Nachteil der Kleinunternehmerbefreiung ist zweifellos der fehlende Vorsteuerabzug. Egal ob bei Wareneinkauf, Dienstleistungen, Investitionen oder bei der Miete des Geschäftslokals, alles verteuert sich um die Vorsteuer, die beim Kleinunternehmer zum Kostenfaktor wird. Vor allem, wenn bei Eröffnung eines Betriebes hohe Investitionen anstehen, könnte der fehlende Vorsteuerabzug die Vorteile aus der Steuerbefreiung zunichtemachen.
Ein weiterer Nachteil ergibt sich aus dem Erfordernis, die Höhe der Umsätze laufend im Auge zu behalten und nach Möglichkeit ein Jahr im Voraus zu planen. Eine unerwartete Überschreitung der EUR 35.000,00-Grenze kann schließlich teuer kommen. Allerdings hat der Gesetzgeber hier eine kleine Toleranzgrenze eingebaut:
Wird die Umsatzgrenze einmal in fünf Jahren um nicht mehr als 15 % überschritten, geht die Steuerbefreiung nicht verloren.
Die Kleinunternehmerregelung lohnt sich nicht, wenn Sie:
- Leistungen, Produkte hauptsächlich an Firmenkunden verkaufen (B2B)
- für die Unternehmensgründung viele Investitionen tätigen müssen (Büroeinrichtung, IT-Infrastruktur/Computer, Maschinen)
- (hohe) laufende Kosten haben (z.B. Miete, Leasingvertrag, Lizenzen, usw.)
- Ihr Umsatz voraussichtlich 35.000 Euro netto übersteigen wird
Kleinunternehmer im Binnenmarkt
Entscheiden Sie sich als Kleinunternehmer für die Umsatzsteuerfreiheit, gibt es beim Waren- und Dienstleitungsverkehr im Binnenmarkt einige Besonderheiten:
- „Exportieren“ Sie Waren in den EU-Raum tätigen Sie keine innergemeinschaftlichen Lieferungen (Steuerbefreiung als Kleinunternehmer).
- „Importieren“ Sie Waren aus dem EU-Raum und überschreiten dabei nicht die Erwerbsschwelle („Importe“ im vorangegangenen bzw. laufenden Kalenderjahr bis max. € 11.000,-), realisieren Sie keinen innergemeinschaftlichen Erwerb. Sie werden im EU-Ausland wie ein Privater behandelt. Der Lieferant verrechnet Ihnen die jeweilige ausländische Umsatzsteuer.
- Sie können mittels formlosen Antrages auf die Erwerbsschwelle verzichten. Der Verzicht bindet Sie zwei Kalenderjahre. Außerdem benötigen Sie eine UID-Nummer (Formular U 15). In diesem Fall erhalten Sie die Waren zwar ohne ausländische Umsatzsteuer, in Österreich kommt es jedoch zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb. Die zu entrichtende Erwerbssteuer können Sie nicht als Vorsteuer geltend machen. Sie wird zum echten Kostenfaktor, weil Sie keinen Vorsteuerabzug haben.
Wahl, die UVAs monatlich abzugeben, muss mit erstem Kalendermonat erfolgen
Unternehmer, deren Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr € 100.000 überstiegen haben, sind gesetzlich zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) verpflichtet. Liegt der Vorjahresumsatz jedoch unter € 100.000, sind die Umsatzsteuervoranmeldungen grundsätzlich vierteljährlich einzureichen. Allerdings kann auch in diesem Fall freiwillig die monatsweise UVA-Abgabe als Voranmeldungszeitraum gewählt werden. Dieses Wahlrecht ist auszuüben, indem fristgerecht die Voranmeldung für den ersten Kalendermonat eines Veranlagungszeitraumes (in der Regel somit bis zum 15.3.2021) an das Finanzamt übermittelt wird.
Wechsel zur Buchführungspflicht – was ist organisatorisch zu beachten?
Gewerbetreibende, die in den Jahren 2018 und 2019 (2020 Pufferjahr) die Umsatzgrenze in Höhe von € 700.000 oder im Jahr 2020 die Umsatzgrenze in Höhe von € 1.000.000 überschritten haben, sind ab dem Jahr 2021 dazu verpflichtet eine doppelte Buchhaltung zu führen.
In diesem Zusammenhang muss zwar keine formale Eröffnungsbilanz, aber dennoch eine Art von „Eröffnungsbilanz“ erstellt werden. Dies bedeutet insbesondere, dass zu Jahresbeginn eine Inventur zu machen ist. Im Rahmen der doppelten Buchhaltung muss das Kassakonto, sowie eine offene Postenliste für die Kreditoren und die Debitoren geführt werden, die ebenfalls zu Jahresbeginn festzustellen sind. Aus einkommensteuerlicher Sicht ist zu beachten, dass der Wechsel der Gewinnermittlungsart zu einem Übergangsgewinn (oder Übergangsverlust) führen kann, der entsprechend zu besteuern ist.
Der Eintritt in die Buchführungspflicht bedeutet für die Umsatzsteuer, dass von der Ist-Besteuerung (vereinnahmtes Entgelt) in die Soll-Besteuerung (vereinbartes Entgelt) gewechselt werden muss.
Dies hat zur Konsequenz, dass die Umsatzsteuer bereits mit Rechnungslegung abzuführen ist und nicht erst bei der Bezahlung.
Eine monatliche Buchhaltung, sowie die dazugehörige UVA sind verpflichtend.
Brexit – die umsatzsteuerlichen Auswirkungen
Am 31.12.2020 war es soweit, Großbritannien ist endgültig aus der EU ausgetreten. Da Großbritannien keine Verlängerung der steuerlichen Übergangsphase beantragte, ist es ab 01.01.2021 ein Drittland. Das Ausscheiden aus Binnenmarkt, Zollunion und harmonisiertem Umsatzsteuergebiet hat direkte Folgen für österreichische Firmen mit Kunden und Geschäftspartnern in Großbritannien oder Nordirland.
Für Nordirland gilt beim Warenverkehr weiter die Binnenmarktregelung, weshalb für Warenlieferungen von und nach Nordirland die Regelungen für EU-Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen.
1. Lieferungen
a. Ausfuhr:
Ab dem 01.01.2021 sind Lieferungen (Warenbewegungen) an Unternehmer im Vereinigten Königreich, ausgenommen Nordirland, als (echt steuerfreie) zu behandeln und nicht – wie bisher – als (echt steuerfreie) innergemeinschaftliche Lieferungen.
b. Einfuhr:
Lieferungen aus dem Vereinigten Königreich, ausgenommen Nordirland, nach Österreich sind grundsätzlich als Einfuhr zu versteuern. Im B2B-Bereich ersetzt die Einfuhr somit den innergemeinschaftlichen Erwerb.
Im B2C-Bereich werden hingegen die Regelungen zum innergemeinschaftlichen Versandhandel ersetzt (unter der Erwerbsschwelle = österreichische MWST, über der Erwerbsschwelle = zu versteuern im Bestimmungsland).
c. Übergangsregelung
Wenn die Warenbewegung im Rahmen einer Lieferung vor dem 01.01.2021 begonnen hat, können die Regelungen für innergemeinschaftliche Lieferungen/Erwerbe oder den innergemeinschaftlichen Versandhandel noch zur Anwendung kommen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Waren vor oder nach dem 01.01.2021 beim Erwerber ankommen. Zu beachten ist jedoch, dass die Zollbehörden in diesen Fällen vom Einführer einen Nachweis darüber verlangen können, dass mit der Versendung oder Beförderung vor Ende des Übergangszeitraumes begonnen wurde.
d. Ausnahme Nordirland
Lieferungen (Warenbewegungen) an Unternehmer in Nordirland sind bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen (Angabe beider UID-Nummern, Aufnahme in der Zusammenfassenden Meldung) auch nach dem 31.12.2020 als innergemeinschaftliche Lieferungen zu behandeln.
Umgekehrt sind auf Lieferungen (Warenbewegungen) von Nordirland nach Österreich, bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen, weiterhin die Regelungen zum innergemeinschaftlichen Erwerb (B2B) bzw. innergemeinschaftlichen Versandhandel (B2C) anwendbar.
2. Sonstige Leistungen
Bezüglich der sonstigen Leistungen gelten sowohl das Vereinigte Königreich als auch Nordirland ab 01.01.2021 als Drittland. Bei den sonstigen Leistungen gibt es somit keine Ausnahmebestimmungen für Nordirland.
Auswirkungen auf den Leistungsort ergeben sich aufgrund des Brexits im Wesentlichen für Katalogleistungen an das Vereinigte Königreich und Nordirland ansässige Nichtunternehmer (§ 3a Abs 14 UStG). Diese sind ab dem 01.01.2021 nicht am Unternehmerort (Inland), sondern im Vereinigten Königreich/Nordirland steuerbar (Empfängerort). Bei Dauerleistungen hat die Abgrenzung anhand des Abrechnungszeitraumes zu erfolgen.
Zudem kann es zur Verlagerung des Leistungsortes bei Nutzung im Inland aufgrund der Verordnungen zu § 3a UStG kommen (z.B. bei Telekomleistungen).
Besondere Leistungsortbestimmungen im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Leistungen (innergemeinschaftlicher Gütertransport an Nichtunternehmer, Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen an Bord eines Beförderungsmittels während grenzüberschreitender Personenbeförderung im Gemeinschaftsgebiet) sind nicht mehr anwendbar.
3. MOSS (Mini-One-Stop-Shop)
Umsätze vor dem 01.01.2021 können noch über MOSS erklärt werden. Ab dem 01.01.2021 kann MOSS jedoch nicht mehr für Dienstleistungen in das Vereinigte Königreich verwendet werden. Diese Rechtsfolgen gelten auch für in Nordirland erbrachte Dienstleistungen. Ab 01.01.2021 erbrachte Dienstleistungen sind somit nach dem Recht des Vereinigten Königreiches bzw. nach nordirischem Recht zu besteuern.
4. Sonstiges
a. UID-Nummer
Mit 01.01.2021 verlieren britische UID-Nummern ihre Gültigkeit. Nordirische UID-Nummern enthalten künftig zur besseren Erkennbarkeit den Ländercode „XI“ (Geltung nur für Lieferungen, nicht für sonstige Leistungen).
b. Zusammenfassende Meldung (ZM)
Nach dem Brexit ist die Abgabe von ZM bei grenzüberschreitenden Umsätzen nur mehr für Lieferungen (Warenbewegungen) von bzw. nach Nordirland erforderlich.
c. Vorsteuererstattung
Die Frist für Anträge auf Erstattung von bis zum 31.12.2020 angefallener Vorsteuer endet am 31.03.2021.